Der azurne Planet
eine utopische Geschichte

HUGO- und NEBULA-Preisträger Jack Vance gehört mittlerweile zu den Klassikern der SF. Als großer Stilist versteht er es wie kein zweiter, SF und Fantasy miteinander zu verbinden – so auch in diesem Roman um eine exotische Wasserwelt, auf der ein riesiger Krake die menschlichen Siedler in seinem Bann hält.

Menschen leben auf den Blättern von riesigen Wasserpflanzen und stellen ihr Leben in den Dienst eines Ungeheuers ...

... König Krakon

Vor zwölf Generationen floh ein Raumschiff mit 200 Menschen vor einem grausamen Tyrannen und landete auf einer Welt, die nur mit Wasser bedeckt war. Die Flüchtlinge siedelten sich auf großen Pflanzen an, die den weiten Ozean bedeckten, und versuchten zu überleben, blieben sich aber immer ihrer Herkunft und Vergangenheit bewusst.

In der Gegenwart sind aus 200 inzwischen 20.000 Bewohner geworden, die sich über ein recht weites Areal ausgebreitet haben. Sie leben in Frieden, da es König Krakon gibt, der sie vor fremden Einflüssen schützt. König Krakon ist ein gigantischer Krake, der sich von den Menschen ernähren lässt.
Es ist nun Sklar Hats, der die Ehre des Königs anzweifelt. Er hält ihn nur für ein fettes Tier, das es sich auf die Kosten der Menschen gut gehen lässt. Seinen Worten folgen Taten; und bald steht er vor Gericht und soll sich für seinen Aufstand rechtfertigen, doch es scheint, dass doch mehr Leute seinen Worten Gehör schenken, als so manchem Priester Krakons recht ist.
Jack Vance erzählt von einem Paradies - einer Welt, deren Schönheit eigentlich nur durch die Eitelkeit der Menschen getrübt wird, die sich ihren Frieden durch ein klein wenig Freiheitsverlust erkauft haben. Allerdings ist kein Frieden von Dauer. So schickt der Autor den friedliebenden Menschen eine Person, die ihr ganzes Weltbild durcheinander schmeißt, und auf einmal muss sich jeder fragen, ob es richtig ist, wie er lebt, aber auch, ob es falsch ist.
Vance beschreibt die Geschichte von Menschen, die handeln, weil sie sich in ihrer Ehre und Integrität verletzt fühlen. (Das scheint für mich zumindest der Eindruck zu sein.) Dadurch lösen sie eine Kette von Ereignissen aus, die zum Ende hin unkontrollierbar scheinen.

In der Geschichte geht es um Menschen, um einen Neuanfang und darum, wie die Dinge sich doch immer gleichen. Das ist im Prinzip nichts Neues, aber dennoch ist allein schon die Welt, auf der die Geschichte spielt, ein Lesen wert. Zugleich ist die Darstellung der Charaktere und der gesellschaftlichen Strukturen ein sehr wichtiger Faktor in diesem Buch. Wie gehen die Menschen hier miteinander um, und was können sie eventuell lernen? So erscheint mir die eigentliche Geschichte zeitweise zweitrangig.
Die Erzählung an sich wird aber auch sehr schön und gefühlvoll in Szene gesetzt, und irgendwann fragt man sich, wie diese Angelegenheit in einem so kleinen Buch denn zufriedenstellend zu Ende gebracht werden soll. Genau hier liegt das Manko. Das Ende ist eigentlich sehr schön - ein wenig pathetisch, aber schön. Doch die eigentliche Story wird auf einmal sehr schnell zu Ende gebracht und in knappen Worten erzählt. Eine traurige Einschätzung der Menschheit, verpackt in einen schönen Traum. 

Vance Stärke liegt in der detailreichen, exakten Schilderung fremder und fremdartiger Kulturen. Wie kein anderer versteht er es, phantasievolle Hintergründe zu malen, wenn es um absonderliche Lebensumstände, Sitten und Bräuche fremder Planetenvölker geht.

Der azurne Planet – München: Moewig-Verlag 3509
The Blue World, 1966 (Ü: Ronald M. Hahn)
 

Jack Vance 
wurde 1916 in San Francisco geboren und wuchs auf einer Farm im San Joaquin Valley auf. Sein richtiger Name ist John Holbrook Vance.
Er studierte an der University of California Bergbau und Physik, später Englisch, Geschichte und Journalismus. Während des Zweiten Weltkrieges diente er in der amerikanischen Handelsmarine. Nach dem Krieg schlug er sich zunächst mit Aushilfsjobs durch, bevor er sich entschloss, Schriftsteller zu werden.

Seine erste Kurzgeschichte „The World Thinker“ wurde 1945 veröffentlicht. Der Hauptteil seiner Werke wird der Science Fiction zugerechnet, er schrieb aber auch Fantasy und Kriminalromane, wurde dafür sogar mit dem Edgar Allan Poe Award ausgezeichnet. Für seine phantastischen Werke erhielt er unter anderem mehrmals den Hugo und den Nebula Award. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Ellery Queen, Peter Held, Alan Wade und John van See.

Der Jazz-Liebhaber Vance wohnte einst zusammen mit seinen Kollegen Frank Herbert und Poul Anderson auf einem Hausboot. Er ist heute fast blind und lebt mit seiner Familie in Oakland.

 

Und auch dieser spannende Roman ist:

Sehr empfehlenswert ...        << zurück zur SciFi