Drachenkreuzer
Ikaros
MOBS
- das unsichtbare Symbol unserer Schwäche
Ein packender Zukunftsroman von Autor Michael Szameit
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Der erstmals 1987 in der DDR publizierte Roman entwickelt in zwei parallelen Handlungssträngen seine Geschichte. |
Zum einen begleitet der Leser Hendrikje Greiff durch die bizarre Zukunftswelt einer übermanipulierten Gesellschaft der Erde, der andere Handlungsstrang führt auf die Decks des Drachenkreuzers Ikaros, des letzten Sonnenseglers.
Stellt Euch vor: Ein
Drachenkreuzer, der vor dem Sonnenwind segelt !
Der bietet doch reichlich Gelegenheit, technisches Vokabular von
hypermodernem Klang mit dem uralten der Seglersprache zu verknüpfen, was einen
zusätzlichen Reiz ergibt und eine seltsam gebrochene Seglerromantik.
Der Roman entwickelt sich, obwohl in den ersten Kapiteln noch stark gebremst, zu einem rasanten Weltraumabenteuer. Doch Szameit belässt es nicht dabei, uns ein packendes Abenteuer zu erzählen. Seine Geschichte ist ebenso Gesellschaftskritik wie Unterhaltungslektüre. Unverhohlen wird gegen die damalige Staatssicherheit argumentiert und gegen verkrustete Gesellschaftsstrukturen angegangen. »... aber wie jetzt wird von jedem Einsicht in die Notwendigkeit erwartet. Diese Einsicht ist eines der Fundamente unserer Gemeinschaft ...«.
Hendrikje, die eigentliche
Handlungsperson des Romans, war als Kaderorganisator für die Zusammenstellung
der Ikaros-Besatzung verantwortlich. Nun wird sie beauftragt, die Besatzung
aufzulösen und die einzelnen Mitglieder neuen Aufgaben zuzuführen.
Eines der Hauptprobleme in Szameits Zukunftswelt ist das Auftreten einer
neuartigen Krankheit, Mungoismus genannt. Die
Betroffenen leiden unter einem sich über Jahre beständig beschleunigenden
Lebensrhythmus, der zu einem grausamen Tod führt, da der biologische Körper
irgendwann nicht mehr den an ihn gestellten Anforderungen gewachsen ist.
Hendrikje begegnet auf ihrem Weg bis zur Ikaros und der Entdeckung einer fremden Lebensform auf dem Sonnenplaneten Merkur drei Männern, die ihr Leben verändern werden. Szameit schildert diese psychologische Situationen mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen, obwohl er hin und wieder in Klischees abgleitet.
Um den Mungoismus unter Kontrolle zu bekommen, wurde der MOBS (Medizinischer Observationsdienst) gegründet. Der MOBS erscheint in groben Zügen als ein Spiegelbild der Staatssicherheit der DDR. Eine andere Institution ist das "Büro zur Untersuchung abweichender Verhaltensweisen". Doch Szameit zeichnet nicht schwarz/weiß. Seine Helden sind Menschen, die Individualität bewahrt haben und keine literarischen Schachfiguren, um gesellschaftliche Missstände bloßzulegen. So sagt auch Goff, ein Mitarbeiter des MOBS und einer der drei Männer, die für Hendrikje Bedeutung gewinnen: »Unzufriedenheit trägt ungeheuer schöpferische Potenzen in sich, aber auf eine Weise, die uns ungewohnt und beinahe fremd geworden ist ...«
Goff gelangt als Vertreter des MOBS ebenfalls zur Ikaros und wird vom Bordarzt mit der Tatsache konfrontiert, dass er selbst ein Mungo ist. Für Goff bricht eine Welt zusammen. »Der MOBS - das ist das weithin sichtbare Symbol für das Eingeständnis unserer Schwäche. Die Kraft, die wir benötigen, darf sich nicht auf ein Organ oder eine Institution beschränken, sie muss aus der ganzen Gemeinschaft kommen.«
Der Drachenkreuzer wird zum Brennpunkt dieser Ereignisse.
Das Buch überrascht mit einem verblüffenden Ausgang und
klarer Charaktergestaltung.
Dieser Roman von Michael Szameit entwickelt sich,
obwohl in den ersten Kapiteln noch stark gebremst, zu einem rasanten
Weltraumabenteuer. Doch Szameit belässt es nicht dabei, uns ein packendes
Abenteuer zu erzählen. Seine Geschichte ist ebenso Gesellschaftskritik wie
Unterhaltungslektüre. Szameit schildert diese psychologische Situationen mit
viel Liebe und Einfühlungsvermögen, obwohl er hin und wieder in Klischees
abgleitet. Trotzdem ein gutes Buch für Leseratten.
In der Science-Fiction-Literatur der DDR sind Bücher wie dieses selten! Bücher, die voller Erzählfreude und gleichzeitig voller Hintergründigkeit stecken und den Leser mit einem so bitteren Happyend entlassen, dass ein Weiterdenken kaum ausgelassen werden kann. Davon brauchen wir auch heute noch mehr.
Originalausgabe von Michael Szameit:
Drachenkreuzer Ikaros,
Wissenschaftlich-phantastischer Roman,
„Verlag Neues
Leben“© in Berlin 1987,
360 Seiten,
Hardcover in der Buchreihe „Spannend erzählt“ beim „Verlag
Neues Leben“© in Berlin.
Spannend
erzählt war eine der populärsten Buchreihen in der ehemaligen DDR.
Viele der spannendsten und interessantesten Bücher in meinem Regal wurden hier
verlegt.
Die Reihe "Spannend erzählt" war eine
Variante, die Jugend mit spannenden Büchern mit fantastischem Inhalten zu
versorgen.
Die Taschenbuchausgabe ist bei Heyne unter
06/5165 erschienen.
Der deutsche Scifi-Schriftsteller
Michael Szameit
Wurde 1950 in
Prießen, im ehemaligen Bezirk Cottbus geboren.
Szameit erlernte den Beruf des Elektromechanikers und begann später ein
Physikstudium, welches er jedoch aus gesundheitlichen Gründen abbrechen musste.
Danach arbeitete er als Tonassistent und wurde schließlich Leiter eines
Tonstudios beim Rundfunk. Von 1981 bis 1984 war er Lektoratsmitarbeiter im
Verlag Neues Leben, danach freischaffender Schriftsteller. Heute lebt er in
Hamburg und arbeitet als Redakteur und Journalist beim Anglermagazin „Blinker“.
Seine ersten Erzählungen erschienen 1976, sein erster Roman - Alarm im Tunnel Transterra - dann 1982 in der Reihe "Spannend erzählt" beim Verlag Neues Leben.
Laut Umfragen gehörte er zu den vier beliebtesten Science-Fiction-Autoren der DDR.
Mein Urteil als SciFi-Leser lautet auch hier:
Traut
euch ran an den Roman ...